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13.04.2022 | Medienkompetenz

Dringender Handlungsbedarf im Bereich der Online-Games festgestellt

Die Landesmedienanstalten haben bei einer Schwerpunktuntersuchung erstmals jugendschutzrelevante Aspekte von Online-Games breit beleuchtet. So haben sie – auch im Auftrag der Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) – fast 400 Spiele aller Genres gesichtet und dokumentiert. Dabei zeigte sich dringender Handlungsbedarf.

Genreübergreifend wurden drei zentrale Problemfelder identifiziert: unterschiedliche Alterseinstufungen bei unterschiedlichen Stores, Kostenrisiken und die Förderung exzessiver Nutzung. Auch auf inhaltlicher Ebene wurden Verstöße entdeckt, unter anderem Pornografie und Darstellungen von Minderjährigen in unnatürlich geschlechtsbetonten Körperhaltungen.

Selbes Spiel, anderer Store: unterschiedliche Altersangabe

Die Medienanstalten haben knapp 70 Spiele vertiefend geprüft. In 47 Fällen wurde ein Anfangsverdacht auf einen Verstoß gegen die Bestimmungen des Jugendmedienschutz-Staatsvertrags (JMStV) gesehen. Eine Erkenntnis der Untersuchung ist, dass sich Alterseinstufungen für dieselben Spiele zwischen den verschiedenen Plattformen unterscheiden. In vielen Fällen sind die Altersangaben auch zu niedrig.

Kaufdruck, Casino-Elemente und exzessive Nutzung

Zudem locken – speziell in Free2Play-Angeboten – Kauf- und Werbeangebote, denen Kinder und Jugendliche sich schwer entziehen können. Glücksspielähnliche Elemente wie Glücksräder und sogenannte Slot-Machines sind selbst in Kinderspielen weit verbreitet und führen Minderjährige an das Glücksspiel heran. Die Schwerpunktanalyse hat auch gezeigt, dass häufig der Konsum von Werbung belohnt wird.

Die Medienanstalten fanden zahlreiche Gestaltungselemente, die ein exzessives Nutzungsverhalten befördern können. Dazu zählen beispielsweise Push-Nachrichten zu neuen Aufgaben und Herausforderungen, Zeitdruck sowie Belohnungen für häufiges Spielen. Dies war nicht nur in Multiplayer- oder Action-Games der Fall, sondern auch in expliziten Kinderspielen.

Hakenkreuze und Pornografie bei Steam

Neben diesen Interaktionsrisiken wurden auch problematische Inhalte entdeckt. Bei einem Spiel auf der Plattform Steam fanden sich Hakenkreuze als Menü-Button und Liedgut aus der NS-Zeit. Zudem förderte die Schwerpunktanalyse Pornografie und Darstellungen von Minderjährigen in unnatürlich geschlechtsbetonten Körperhaltungen zutage. Steam ist kein USK-Mitglied und nutzt kein Altersverifikationssystem. Alle Inhalte sind somit für alle Nutzer*innen frei zugänglich. Steam sperrte das betroffene Spiel für Nutzer*innen aus Deutschland und entfernte von Nutzer*innen eingestellte pornografische Bilder und unzulässige Posendarstellungen auf Betreiben der Medienanstalt Hamburg/Schleswig-Holstein, die für die Plattform zuständig ist.

Zu einer Zusammenfassung der zentralen Ergebnisse geht es hier.

Hier finden Sie einen Bericht zur Schwerpunktanalyse.

Hintergrund: Games haben es schon lange aus der Nische in die breite Masse geschafft: 72 Prozent der 12- bis 17-Jährigen spielen regelmäßig, der Durchschnitt liegt bei knapp zwei Stunden täglich. Auch in den jüngeren Altersgruppen, bei den 6- bis 12-Jährigen, spielen 60 Prozent regelmäßig (vgl. KIM 2020, JIM 2021). Der breite Einsatz von Elementen, die die exzessive Nutzung fördern, ist umso problematischer, als sich der Anteil der exzessiven Nutzer*innen seit 2019 bereits verdoppelt hat (Längsschnittuntersuchung der DAK-Gesundheit und des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf, 11/2021).


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[kommunikation]@medienanstalt-rlp.de


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