Pro-Bulimie und Pro-Anorexie in Social Media
Das Internet und die sozialen Medien sind voll von Inhalten, die Essstörungen und Magersucht verherrlichen. Mit Kenntnis der szenetypischen Begriffe wie zum Beispiel „Thinspiration“ lassen sich diese Inhalte problemlos finden. Ihnen ist gemeinsam, dass sie die negativen psychischen und körperlichen Folgen von Anorexie und Bulimie leugnen oder verharmlosen. Die Erkrankung wird im Gegenteil als erstrebenswerter Lifestyle dargestellt. Oft gehören zu den Beiträgen und Posts auch Bilder, auf denen abgemagerte Körper als Schönheitsideal verherrlicht werden. Ohne Kenntnis der richtigen Suchbegriffe ist die Wahrscheinlichkeit eher gering, mit diesen Inhalten in Kontakt zu kommen. Problematisch ist allerdings, dass die Übergänge vor allem zum Bereich „Fitness“ fließend sind. Hier gibt es einige prominente Influencer*innen, die zwar noch keine Magersucht predigen, aber einen von Sport und kontrollierter Nahrungsaufnahme geprägten Lebensstil verherrlichen. Auch finden sich in Sozialen Medien immer wieder jugendaffine Challenges, die abgemagerte Körper als erstrebenswert erscheinen lassen.
Die Bestätigung des eigenen Weltbilds - Hungergruppen, Buddies, Twins und Coaches
Viele Betroffene merken, dass sie ihre selbst gesteckten Ziele nicht erreichen. Ein normales Essverhalten wird als „Rückfall“ gesehen, sich nicht zum täglichen Fitnessstudiobesuch motivieren zu können als Willensschwäche. Helfen soll in diesem Fall die Motivation durch andere Betroffene. Diese findet man zum Beispiel in Hungergruppen mit mehreren gleichgesinnten Teilnehmer*innen. Oder aber bei einem sogenannten „Buddy“ oder „Twin“, also einer Person, mit der man sich regelmäßig austauscht und sich gegenseitig motiviert, weiter abzunehmen. Besonders problematisch ist hier, dass sich Personen mit einem verzerrten Selbstbild gegenseitig in diesem bestätigen. Durch die Vernetzung mit und den regelmäßigen Kontakt zu Personen, die keine Einsicht in ihre Erkrankung haben, kann sich die eigene Magersucht und Essstörung weiter manifestieren und Betroffenen zunehmend als normal und unproblematisch erscheinen.
Einen Spezialfall bilden hier die selbst ernannten „Coaches“. Im Gegensatz zu Hungergruppen, Buddies und Twins sind sie Personen, die selbst nicht abnehmen, sondern lediglich andere Personen dazu motivieren wollen. Es gibt mittlerweile zahlreiche Berichte darüber, dass diese Coaches gezielt nach hilfsbedürftigen Personen suchen, um sie unter ihre Kontrolle zu zwingen und zu quälen. Ein typisches Vorgehen ist es, zur „Bestandsaufnahme“ oder zur Bestrafung für nicht erreichte Ziele, intime Fotos oder Videos zu verlangen. Sobald diese Bilder oder Videos im Besitz des Coaches sind, werden sie dafür genutzt, durch Sextortion weiteres Bildmaterial zu erpressen. Täter*innen suchen im Internet auch gezielt nach Minderjährigen - hierbei handelt es sich um Cybergrooming. Wenn möglich, sollten Täter*innen bei der Polizei zur Anzeige gebracht werden.
Wo findet man Hilfe?
Sollte es zu Bedrohung, Belästigung oder Erpressung kommen, kann man sich damit an die Polizei wenden und Anzeige erstatten. Zum Thema Essstörungen bieten mehrere Anlaufstellen Beratung und Hilfe an:
- www.anad.de bzw. www.anad-dialog.de
- bundesfachverbandessstoerungen.de
- www.bzga-essstoerungen.de mit einer Beratungsstellensuche vor Ort
- www.cinderella-beratung.de
- www.essstoerungen-frankfurt.de
- www.ninette.berlin
- www.nummergegenkummer.de
- www.jugend.support