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25.10.2023 | Medienregulierung

Deutsche Medien- und Plattformaufsicht muss zeigen, was sie kann

Medienanstalten melden über 160 Rechtsverstöße rund um den Nahostkonflikt an die Europäische Kommission

Medienanstalten melden über 160 Rechtsverstöße rund um den Nahostkonflikt an die Europäische Kommission

Terror in der Welt – und ganz aktuell der Terror der Hamas gegen Israel – bedeutet für die Menschen in Deutschland auch Terror in den Medien. Viele Inhalte, die rund um den Nahostkonflikt verbreitet werden, verstoßen gegen den Jugendmedienschutz, sie missachten die Menschenwürde, sind antisemitisch und gewaltverherrlichend. Die Medienanstalten haben in Deutschland die originäre Zuständigkeit, gegen solche Inhalte vorzugehen. Und sie zeigen, wie effiziente Kooperation untereinander und mit Strafverfolgungsbehörden im Rahmen des Digital Services Act aussieht.

Die Landesmedienanstalten bereiten sich bereits seit einigen Monaten auf den Digital Services Act (DSA) und seine Auswirkungen auf ihre Regulierungsarbeit vor. In einer für die Anwendung des DSA eingerichteten Taskforce wurden Arbeitsprozesse zu Anordnungsverfahren (Art. 9 DSA) eingeführt, die dem Prinzip „Straftaten verfolgen, unzulässige Inhalte löschen“ folgen und die alle relevanten Akteure effizient einbinden. So konnten bisher in Zusammenarbeit mit der Zentralen Meldestelle für strafbare Inhalte im Internet (ZMI) beim BKA bereits über 600 medienrechtlich absolut unzulässige Inhalte über Meldewege von Plattformen entfernt werden. Ergänzend wurden seit Juni über 200 Anhörungen im Rahmen von Anordnungsverfahren nach Art. 9 des DSA verschickt.

Europäische Zusammenarbeit angesichts des Konflikts in Israel und Gaza
Im Zuge des Israel-Gaza-Konflikts melden die Medienanstalten Rechtsverstöße nun auch direkt an die Europäische Kommission. Es besteht der Verdacht, dass die Maßnahmen einzelner sehr großer Online-Plattformen zum Schutz vor illegalen Inhalten systematisch versagen. Entsprechend der Arbeitsteilung, wie der DSA sie vorsieht, melden die Medienanstalten und ihre europäischen Schwesterbehörden Rechtsverstöße an die EU-Kommission. Diese prüft das Vorliegen eines systematischen Versagens und sanktioniert dieses gegebenenfalls. Die Medienanstalten der Länder werden bis zum Ende dieser Woche über 160 Fälle gemeldet haben.

„Die Entwicklung ist in vielerlei Hinsicht erschütternd. Sie verlangt das entschiedene und besonnene Handeln aller Institutionen unserer Demokratie. Klare Arbeitsprozesse und langjährige Erfahrungen sind entscheidend. Es überrascht keineswegs, dass es uns gelungen ist, in der Gemeinschaft der Medienanstalten schnell auf die aktuelle Situation zu reagieren. Die Medienanstalten beweisen einmal mehr, dass sie Vorreiter der Regulierung von Medienplattformen auf europäischer Ebene sind. Denn die Löschung von rechtswidrigen Inhalten im Netz ist originäre Aufgabe der staatsfernen Medienaufsicht“, kommentiert Dr. Tobias Schmid, Europabeauftragter der Medienanstalten.

Dazu außerdem der Vorsitzende der Kommission für Jugendmedienschutz, Dr. Marc Jan Eumann: „Keine Frage: Das Interesse an der Berichterstattung über den von der Hamas entfachten Krieg auf Israel ist riesig. Journalisten riskieren ihr Leben, damit wir erfahren, was passiert. Und zugleich ist es auch in einer solchen Ausnahmesituation wichtig, genau abzuwägen, welche Bilder und Inhalte verbreitet werden. Klicks sind kein guter Kompass. Vielmehr gilt es, die Menschenwürde der Opfer und Kinder und Jugendlichen zu schützen. Um den Schrecken des Terrors zu dokumentieren, reichen weniger drastische, gepixelte Bilder. Detailaufnahmen von Leichen gehören nicht in den Social Media Feed einer 12-Jährigen.“

Auswirkungen auf die aktuelle Gesetzgebung
Der Vorsitzende der Direktorenkonferenz Dr. Wolfgang Kreißig weist zudem auf die ordnungspolitische Bedeutung dieser Vorgänge hin: „Gerade vor diesem Hintergrund des signifikanten Bedarfs an einer wirksamen Plattformaufsicht erscheint es zum Schutz von Nutzerinnen und Nutzern angezeigt, diesen Weg einer effektiven Rechtsdurchsetzung durch sachgerechte Regelungen im Gesetz über digitale Dienste (DDG) zu stützen. Die Medienanstalten setzen sich daher für eine entsprechende Berücksichtigung als sektoral zuständige Behörde im DDG ein.“

Die Stellungnahme der Medienanstalten zum Referentenentwurf des Gesetzes über digitale Dienste (DDG) können Sie hier nachlesen.

 


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[kommunikation]@medienanstalt-rlp.de


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