Medienanstalten formulieren Bedarf, den EMFA und die AVMD-Richtlinie anzupassen und grenzüberschreitende Rechtsdurchsetzung zu erleichtern
Mit dem Digital Services Act, dem Digital Markets Act oder zuletzt dem Media Freedom Act hat die Europäische Kommission deutliche Zeichen für eine Rechtsdurchsetzung zum Schutz europäischer Werte in der digitalen Welt gesetzt. Das sind notwendige Schritte, die jedoch eine Reihe an Problemen ungelöst lassen. Neben Fragen der Kompetenz und der Unabhängigkeit der Medien ergeben sich weiterhin schwerwiegende Probleme bei der grenzüberschreitenden Rechtsdurchsetzung Es liegt nun bei den Gesetzgebern, diese Schwierigkeiten anzugehen.
Zu diesem Schluss kommt auch das Gutachten von Prof. Dr. Mark D. Cole, das die Medienanstalten in Auftrag gegeben haben und das Gegenstand der Veranstaltung „safeguarding freedom – protecting democracy“ am 8. November 2022 in Brüssel war. Unter dem Titel “Challenges and Future Regulation of Cross-border Audiovisual Content Dissemination” analysierte der wissenschaftliche Direktor des Instituts für Europäisches Medienrecht mögliche Verbesserungen der rechtlichen Rahmenbedingungen für die grenzüberschreitende Rechtsdurchsetzung, vor allem in Bezug auf die Verfahren in der Richtlinie über Audiovisuelle Mediendienste.
Europäische Angebote fördern, Missbrauch verhindern
Ein zentraler Punkt der Überlegungen ist das Herkunftslandprinzip. Was ursprünglich als Förderung für den europäischen Binnenmarkt gedacht war, wird zunehmend insbesondere von Angeboten außerhalb der EU missbraucht. So finden über rein technische Kriterien wie die Nutzung einer europäischen Satellitenkapazität oder eines Satelliten-Uplinks aus einem EU-Mitgliedstaat beispielsweise auch anti-demokratische Sender eine europaweite Verbreitung und kriechen unter den Schutzschirm des Herkunftslandprinzips. Den europäischen Zielländern wird damit allzu oft die Möglichkeit eines wirksamen Einschreitens verstellt.
Der Gesetzgeber muss handeln
„Es kann nicht sein, dass wir größten Wert auf die Einhaltung europäischer Werte bei unseren eigenen europäischen Angeboten legen, aber die Verbreitung von Angeboten aus Drittstaaten ertragen müssen, die ein Versäumnis des Gesetzgebers ausnutzen. Es ist höchste Zeit, diese Lücke zu schließen. Wie die Europäische Union diesen Fehler korrigiert, also über den EMFA oder eine Anpassung der AVMSD, ist dabei aus Sicht der Aufsicht ziemlich egal, nur schnell müsste es gehen und funktionieren müsste es,“ sagt Dr. Tobias Schmid, Europabeauftragter der Medienanstalten und Direktor der Landesanstalt für Medien NRW.
„Entscheidend ist, die Strukturen der institutionellen Zusammenarbeit in grenzüberschreitenden Fällen zu stärken. Dabei muss die richtige Balance gefunden werden zwischen dem Herkunftslandprinzip und effektiver Rechtsdurchsetzung durch Behörden in jenen Staaten, an deren Bevölkerung bestimmte problematische Inhalte von Anbietern aus diesem anderen Herkunftsstaat eigentlich adressiert sind“, ergänzt Prof. Dr. Mark D. Cole.
Unabhängigkeit der Medienaufsicht als demokratischen Grundpfeiler wahren
In seinen Abschlussbemerkungen stellte Dr. Wolfgang Kreißig, Vorsitzender der Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten unter Bezugnahme auf die lebhafte Paneldiskussion mit Siada El Ramly, Director General, DOT.Europe, Petra Kammerevert, Mitglied des Europäischen Parlaments, Heike Raab, Staatssekretärin für Europa, Medien und Digitales, Rheinland-Pfalz und Dr. Tobias Schmid die Einigkeit der Teilnehmenden heraus, dass es noch Anpassungsbedarf beim EMFA, insbesondere im Sinne einer Stärkung der Unabhängigkeit der mitgliedstaatlichen Medienaufsicht im neu zu schaffenden European Board for Media Services gebe. Dann könne auch der EMFA einen hilfreichen Beitrag zum Schutz der Medienfreiheit leisten, ohne den wesentlichen demokratischen Grundpfeiler einer unabhängigen Medienaufsicht zu konterkarieren.
Die Executive Summary des Gutachtens wird zeitnah auf der Website der Landesanstalt für Medien NRW zur Verfügung gestellt.